Sportdirektor Moster: „Die Chancen standen noch nie so gut“
Berlin. In drei Wochen ist der Bund Deutscher Radfahrer mit Berlin erstmals seit 20 Jahren wieder Gastgeber für einen Bahn-Weltcup. Im Interview spricht Sportdirektor Patrick Moster (51) über Herausforderungen der Serie, die Entwicklung der Vierer und den WM-Verzicht von Maximilian Levy.
Was erwarten Sie ganz persönlich von der Veranstaltung?
Spannende Wettkämpfe, gute Stimmung, Bahnradsport auf Weltklasse-Niveau
Die Weltcup-Serie war zeitweise auf drei Veranstaltungen geschrumpft, in diesem und im nächsten Winter gibt es jeweils sechs Wettbewerbe. Wie sehen Sie die Entwicklung der Serie?
Grundsätzlich positiv, jedoch werden die Spitzenverbände methodisch, logistisch und auch finanziell vor große Herausforderungen gestellt.
Kommen wir zum Sport: Die deutschen Verfolgerinnen haben zuletzt bei der EM und den ersten beiden Weltcups erhebliche Fortschritte nachgewiesen und den Anschluss an die Weltspitze und die Medaillenplätze hergestellt. Warum fehlen die besten Fahrerinnen in Berlin?
Wir greifen im Ausdauerbereich auf unseren gemeinsamen Kaderkreis Bahn/Straße zurück. Zwei unserer Leistungsträger haben direkt nach der Straßensaison die Wettkampfvorbereitungen auf der Bahn begonnen, so dass die beiden ersten Weltcups mit sehr guten Leistungen bestritten werden konnten. Methodisch müssen wir den Sportlerinnen nun die Möglichkeit einräumen, sich von den Strapazen der letzten Wochen zu erholen. Nur so können wir die langfristige Leistungsentwicklung sicherstellen.
Auch die Männer haben mit dem neuen deutschen Rekord im Vierer nochmals einen Schritt nach vorn gemacht, gleichzeitig haben aber auch andere Nationen sich weiterentwickelt. In Tokio 2020 soll eine Medaille gewonnen werden. Wie kann es Bundestrainer Sven Meyer schaffen, die Lücke bis dahin zu schließen?
Der Bahnausdauerradsport entwickelt sich nicht nur in der Spitze, sondern auch in der Breite. Die Leistungen der vergangenen Monate zeigen, dass wir mit den fünf, sechs besten Nationen der Welt mithalten können. Die Abstände auf Platz drei konnten weiterhin verkürzt werden. Insofern ist und bleibt es weiterhin unser Ziel, im Kampf um die Medaillen mit dabei zu sein. Die Chancen standen in den letzten Jahren noch nie so gut, wie zum jetzigen Zeitpunkt.
Die Teamsprint-Männer waren ein Jahrzehnt lang Medaillengarant. Zuletzt ist der Anschluss an die absoluten Top-Plätze etwas verloren gegangen. Schon seit längerer Zeit ist die Position des Anfahrers in der Diskussion. Wie sehen Sie die sportliche Entwicklung – und wen im Sommer 2020 auf Position eins?
Die Leistungsausprägung des Anfahrers ist eine unserer Hauptaufgaben während der verbleibenden Zeit. Die gut 1,5 Jahre werden wir nutzen, um unsere beiden jungen Talente Timo Bichler und Nik Schröter weiter zu entwickeln, so dass wir auch 2020 auch auf dieser Position konkurrenzfähig sein werden.
In seiner 14. Saison ist Sprinter Maximilian Levy immer noch einer der stabilsten Leistungsträger – in allen drei Disziplinen, zuletzt wieder als Sprint-5. in Paris. Kann sich der BDR erlauben, auf den Cottbuser bei der WM in Polen zu verzichten? Er möchte eine Baby-Pause einlegen.
Max stellt eine Säule nicht nur im Kurzzeitbereich des BDR da. In der Vergangenheit hat er mehrfach bewiesen, wie wertvoll er für die Mannschaft ist. Auf solch einen Sportler kann ein Verband normalerweise nicht verzichten… Wie sich letzten Endes die Babypause dann gestaltet, muss im Laufe der Saison geklärt werden.
Im Kurzzeitbereich der Frauen scheint der sportliche Übergang zu nächsten Generation nach dem folgenschweren Unfall von Kristina Vogel leichter als erwartet zu gelingen. Wie sehen Sie die Perspektiven von Pauline Grabosch, Emma Hinze und Lea Sophie Friedrich? Und welche Rolle kann Miriam Welte bei der Heim-WM 2020 und Tokio 2020 spielen?
Der weibliche Kurzzeitbereich entwickelt sich gut. Die genannten jungen Sportlerinnen besitzen Potentiale auch über 2020 hinaus. Miriam wird mit ihrem großen Erfahrungsschatz das Team führen.
Beim Weltcup in Berlin ist mit dem Stunden-Weltrekordversuch von Michael Teuber auch Para-Cycling involviert. Beim Weltcup in London sind die Tandem-Fahrer dabei. Spielt der Radsport hier eine Vorreiterrolle in der Inklusion?
Auch in anderen Sportarten findet die Inklusion statt, in der Leichtathletik gab es ja schon gemeinsame Meisterschaften, an den Para-Sportler teilgenommen haben. Auch während unserer Lehrgänge in Frankfurt (Oder) gab und gibt es immer wieder Schnittmengen, so dass die Inklusion auf der Arbeitsebene praktiziert wird. Ob man hier von einer Vorreiterrolle sprechen kann, können Außenstehende besser beurteilen.
Letzte Frage: 14 Weltcup-Entscheidungen in Berlin, dazu der Weltrekordversuch: Worauf freuen Sie sich in Berlin am meisten?
Bahnradsport pur, bei hoffentlich gut gefüllten Zuschauerrängen