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Olympia-Gold und -Bronze sowie 15 WM-Medaillen: Miriam Welte beendet überraschend ihre Karriere

Miriam Welte © Arne Mill / Frontalvision.de
Miriam Welte © Arne Mill / Frontalvision.de

Kaiserslautern. Teamsprint-Olympiasiegerin Miriam Welte hat ihren sofortigen Rücktritt vom Leistungssport erklärt. „Im letzten Trainingslager habe ich gemerkt, dass ich nicht mehr bereit bin, mit den notwendigen 100 Prozent jede Trainingseinheit zu bestreiten, um mich auf erfolgreiche Olympischen Spiele vorzubereiten. Ich habe immer alles gegeben, gekämpft, trainiert, an meine Träume und Ziele geglaubt. Nun aber ist der Zeitpunkt gekommen, meine sportliche Karriere zu beenden", schrieb Welte an diesem Montag bei Facebook.

Welte gehörte über ein Jahrzehnt zur Weltspitze im Bahnradsport. Zusammen mit Kristina Vogel gewann sie bei den Olympischen Spielen 2012 Gold und 2016 Bronze im Teamsprint. Die für den 1.FC Kaiserslautern startende Welte gewann zudem mit Vogel vier Weltmeister-Titel im Teamsprint (2012, 2013, 2014, 2018) sowie zwei Regenbogentrikots im 500-Meter-Zeitfahren (2014, 2018). In diesem Jahr belegte Welte zusammen mit Emma Hinze aus Cottbus Platz drei bei der WM in Polen. Vier EM-Goldmedaillen und 19 deutsche Elite-Meistertitel gehören ebenfalls zur erfolgreichen Bilanz.

„Ich wollte verhindern, als Tourist nach Tokio zu reisen. Um eine dritte olympische Medaille zu gewinnen, wäre in den nächsten Monaten zu viel Quälerei nötig gewesen. Dazu bin ich nicht mehr bereit“, sagte Welte, die am Montag zunächst für eine Woche in den „Club der Besten“ der Sporthilfe mit den deutschen WM-Medaillengewinnern nach Fuerteventura reiste. „Dort werde ich erstmal richtig Urlaub“, sagte Welte, bei der der Entschluss nach Abschluss eines Trainingslagers in der vergangenen Woche entstanden ist. Versuche, Welte umzustimmen, hat es nicht gegeben.

„Diese Entscheidung muss ich erstmal sacken lassen“, sagte Bundestrainer Detlef Uibel, der vom Rücktritt überrascht wurde. Eigentlich wollte Welte in Tokio nochmals Olympische Spiele erleben, dann erst ihre Laufbahn im Sommer 2020 beenden. Jetzt steht Welte schon für die Europameisterschaften in knapp drei Wochen in Apeldoorn – gleichzeitig Auftakt der zweiten Hälfte der Olympia-Qualifikation - nicht mehr zur Verfügung. „Ihr plötzlicher Rücktritt wird eine Lücke hinterlassen, aber man muss ihre Entscheidung akzeptieren. Sie hat viel für den deutschen Radsport getan und wird sehr fehlen“, sagte Sportdirektor Patrick Moster.

Kristina Vogel, Weltes langjährige Partnerin im Teamsprint, fand auf Facebook anerkennende Worte für den Rücktritt. „Ich bewundere Deine Entscheidung – ... eigentlich das Olympiaticket schon in der Hand, aber den jüngeren die Chance zu lassen und eben selbst kein Olympiatourist zu sein“, schrieb Vogel. Neben den sportlichen werden vor allem die menschlichen Qualitäten Weltes fehlen, die seit 2006 ununterbrochen bei 14 Elite-Weltmeisterschaften am Start war und 15 Medaillen (6/3/6) gewann. „Vielleicht war sie kein Leitwolf. Trotzdem jemand, der mit ihrer herzlichen, fast mütterlichen Art das Team zusammen gehalten hat. Wie wichtig Miriam für das Team war, wird man jetzt sehen. Ihre Art wird fehlen!“, schrieb Vogel.

Welte verzichtet mit ihrem Rücktritt auch auf einen Start bei den Heimweltmeisterschaften im Februar 2020 in Berlin. Damit muss Bundestrainer Detlef Uibel den schon vor dem Unfall von Kristina Vogel im Sommer 2018 in Cottbus eingeleiteten Umbruch schneller vorantreiben als wohl gedacht. Mit Emma Hinze (22/Cottbus, WM-Dritte 2019, EM-Dritte 2018 Teamsprint), Lea Sophie Friedrich (19/Dassow/WM-Vierte Sprint 2019) und Pauline Grabosch (21/Erfurt, Weltmeisterin Teamsprint 2018, WM-Dritte Sprint 2018) hat er drei junge Fahrerinnen, die in unterschiedlichen Konstellationen schon ihre Zugehörigkeit zur Weltspitze gezeigt haben.

Für Welte beginnt dagegen nach fast 20 Jahren Spitzensport ein neuer Lebensabschnitt ohne Spitzensport.  Die Polizei-Oberkommissarin wird jetzt erst einmal ihre berufliche Zukunft klären. Und einiges nachholen, was im stressigen Renn-Alltag kaum möglich war: „Konzerte besuchen, ausschlafen, mal eine Weinschorle trinken“, sagte sie dem SWR. „Rückenschmerzen, Knieschmerzen, die immer wieder da sind - die werde ich nicht vermissen.“