Pauline Grabosch will in Minsk wieder mitmischen
Minsk. „Ich möchte wieder mitmischen“, sagt Pauline Grabosch und klingt dabei deutlich zuversichtlicher als vor einigen Wochen. Beim Auftakt der Weltcup-Saison für die Bahnradsportler im weißrussischen Minsk (Freitag bis Sonntag) startet die 21-jährige Sprinterin in der Nationalmannschaft im Teamsprint und Sprint und will einen ersten Schritt zurück zu alter Leistungsstärke machen. Rückblick: Im Januar 2018 siegte die gebürtige Magdeburgerin beim Weltcup an gleicher Stelle im Team- und Einzelsprint und holte wenige Wochen später bei der Weltmeisterschaft in Apeldoorn sogar Teamsprint-Gold und Sprint-Bronze.
„Ich habe viele positive Erinnerungen an Minsk. Aber es fühlt sich auch megalange her an“, sagt Grabosch, die im Sommer 2018 in ein Leistungsloch fiel, nachdem sie in Cottbus den folgenreichen Unfall ihrer Nationalmannschafts- und Teamkollegin Kristina Vogel hautnah miterleben musste. Die Doppel-Olympiasiegerin und elffache Weltmeisterin ist seitdem querschnittgelähmt. Bei der WM in diesem Jahr kam Grabosch nur im 500-Meter-Zeitfahren zum Einsatz, belegte in Pruszkow einen enttäuschenden 15. Platz und verlor auch ihren Status als „Thronfolgerin“ an die aufstrebenden Emma Hinze (22/Cottbus) und Lea Sophie Friedrich (19/Dassow), die wie Grabosch für das Team Erdgas.2012 startet. „Es ist cool, wieder in Minsk zu fahren, ein Bonus. Aber am Ende kommt es immer noch auf den Sportlerin an“, sagt Grabosch zwischen Frühstück und Training in der Minsk-Arena deutlich gelöster als zuletzt.
Für den Weltcup-Auftakt in Weißrussland und eine Woche später in Glasgow fühlt sich Grabosch gut vorbereitet. „Mir geht’s echt gut, ich habe gut trainiert. Ich bin zwar aufgeregt, gehe aber ein bisschen entspannter als zuletzt in die Wettkampf-Saison“, sagt die Bundeswehr-Soldatin. Das mag auch daran liegen, dass sie nach den deutschen Meisterschaften Anfang August in Berlin am Stützpunkt in Erfurt ihren Trainer gewechselt hat. Statt bei Anner Miedema übt Grabosch wieder bei Tim Zühlke, der diese Aufgabe bis zu seinem Wechsel als Nationaltrainer von China im Herbst 2017 schon ausfüllte. Der Erfurter arbeitet inzwischen wieder für den deutschen Verband als Trainer der Junioren und wird Grabosch vorerst bis Olympia betreuen. „Herr Zühlke kennt mich lange, hat mich erfolgreich aus den Junioren in die Elite-Klasse geführt. Natürlich gab und gibt es eine Eingewöhnungszeit, wir haben auch das Training ein bisschen angepasst – aber ich habe ein gutes Gefühl“, sagt Grabosch vor ihrem ersten Wettkampf seit den deutschen Meisterschaften.
In Minsk soll Grabosch auf der Position eins das Teamsprint-Duo mit Lea Sophie Friedrich in Schwung bringen, die diese Rolle bei der EM vor zwei Wochen inne hatte und dort Silber mit Hinze gewann. „Ich bin auf beiden Positionen schon schnell gefahren, sehe mich aber eher als Anfahrerin“, sagt Grabosch, die dem Konkurrenzkampf mit Friedrich und Hinze nicht aus dem Weg gehen will. „Wenn wir Top-Form haben, können wir alle international vorn in die Spitze reinfahren. Mein Ziel ist deshalb unverändert: Olympia 2020“, sagt Grabosch, wohl wissend, dass wohl nur zwei Frauen in Tokio im nächsten Jahr zum Einsatz kommen werden. Der Weltcup in Minsk soll und kann deshalb nur eine Durchgangsstation sein. Spätestens bis zur Heim-WM Ende Februar im Berliner Velodrom muss sie deshalb eine Leistungsentwicklung nachweisen und wieder zur Form von Minsk 2018 zurückfinden. Pauline Grabosch: „Es ist nicht mal mehr ein Jahr bis Olympia – aber es kann trotzdem viel passieren bis Tokio. Ich bin noch da – und das möchte ich unter Beweis stellen.“