Roger Kluge in Hongkong: Gold, Silber und ein blaues Auge
Knapp acht Wochen nach seiner Herz-Operation schreibt Radprofi Roger Kluge wieder sportliche Schlagzeilen, verlässt den Bahn-Weltcup in Hongkong neben Gold und Silber aber auch mit einem blauen Auge.
Glasgow. Es war ein kurzer Moment der Unkonzentriertheit. Roger Kluge und Theo Reinhardt waren beim Bahn-Weltcup in Hongkong im Madison-Rennen gerade auf Rundenjagd, der Puls und das Adrenalin besonders hoch. Eine halbe Runde Vorsprung hatten sich die Weltmeister im Zweier-Mannschaftsfahren von 2018 und 2019 herausgefahren, da lag Kluge 49 Runden vor dem Ende ausgangs der Gegengeraden plötzlich mit seinem FES-Rad am Boden. „Theo ist sehr eng an mir vorbeigefahren und hat mir mit seinem Oberschenkel den Lenker aus der Hand geschlagen“, erinnert sich Kluge, der die Balance verlor und zu Boden ging. „Das war natürlich so nicht geplant. Ich hätte es gern vermieden“, berichtete der Cottbuser nach der Siegerehrung gezeichnet. Denn neben den obligatorischen Hautabschürfungen trug der 33-Jährige auch ein blaues Auge davon.
Der kuriose Unfall war der „Höhepunkt“ in einem „sehr hektischen und chaotischen Rennen“ (Kluge), das von mehreren Stürzen geprägt war und bei denen die deutsche Erfolgskombination immer mit dabei war – aber immer davon kam. Erst stürzte der Portugiese Iuri Leitao, später der Spanier Albert Torres Barcelo, weil Reinhardt zweimal irgendwie im Weg war. „Theo war nicht der Schuldige, aber halt der Auslöser“, berichtete Kluge. Zwischen den Wertungen sei immer sehr langsam gefahren worden, „da geht dann irgendwann der Platz aus“. In der Schlussphase fuhr der Schweizer Nico Silenati spektakulär auf und ging zu Boden, während der Cottbuser unbeeindruckt weiterrollte. „Da hatte ich echt Glück, dass er mich nicht mit umreißt“, so Kluge.
Am Ende der 200 Runden standen die Doppel-Weltmeister und Berliner Sixday-Sieger 2019 erstmals auch bei einem Weltcup gemeinsam ganz oben auf dem Treppchen. Kluge/Reinhardt siegten mit 52 Punkten vor Neuseeland (38) und Großbritannien (33). „Theo konnte nach meinem Sturz die Position halten. Ich bin nach der ungeplanten ,Pause’ mit noch mehr Adrenalin zurückgekommen und habe den Rundengewinn komplett gemacht“, so Kluge, „dann hatten wir eine komfortable Führung.“ Für Kluge war er der erste Weltcup-Sieg seit 2011 – der Berliner Reinhardt hatte zuvor schon mit dem Vierer in Hongkong triumphiert und erneut den deutschen Rekord verbessert.
Drei Wochen nach dem unbefriedigenden Saisoneinstand in Glasgow präsentierte sich Kluge deutlich verbessert. Nach seiner Herz-Operation Anfang Oktober in Antwerpen, bei der der sogenannte PFO-Defekt behoben wurde, strahlte der Straßen-Profi des belgischen Lotto-Soudal-Teams schon wieder seine gewohnte Dominanz und Souveränität aus, was auch der zweite Platz im Omnium hinter Weltmeister Campbell Stewart aus Neuseeland belegte. „Es ging schon deutlich besser als in Glasgow, das zeigen ja auch die Ergebnisse“, sagte Kluge, der am kommenden Wochenende beim Weltcup in Cambridge/Neuseeland startet und dort mit einem starken Mehrkampf-Ergebnis die Qualifikation für die Heim-WM (26. Februar bis 1. März 2020) perfekt machen will. Kluge: „Es ist noch Luft nach oben, das lässt hoffen.“
REISETRESS:
Am Montag reiste Roger Kluge mit der Nationalmannschaft von Hongkong nach Brisbane/Australien. Von Freitagabend bis Sonntag früh geht es für ihn weiter nach Cambridge/Neuseeland, wo Kluge am Samstag den Omnium-Weltcup fährt. Danach geht es zurück nach Brisbane zum Weltcup (13. bis 15.12.). Auf einen Start bei den deutschen Omnium-Meisterschaften am 21. Dezember in Frankfurt (Oder) verzichtet Kluge als Titelverteidiger aufgrund einer Familienfeier. Ab 2. Januar ist er zusammen mit Theo Reinhardt beim Sechstagerennen in Rotterdam am Start, danach geht es zum dritten Mal nach Australien zur „Tour Down Under“ (ab 16. Januar). Ab 3. Februar bereitet sich Kluge weitgehend zuhause in Berlin auf die Heim-WM im Velodrom (ab 26. Februar) vor.
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