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Roger Kluge kann nach Herz-OP wieder angreifen

Roger Kluge in Gent. © Arne Mill / Frontalvision.de
Roger Kluge in Gent. © Arne Mill / Frontalvision.de

Doppel-Weltmeister Roger Kluge konnte sich bei seinem Saisoneinstieg auf der Bahn noch nicht wie erhofft in Szene setzen. Grund: Nach einer Herzoperation durfte der Cottbuser im Oktober nur dosiert trainieren.

Glasgow. „Ich hatte hier noch nicht viel erwartet, trotzdem ist das Ergebnis natürlich nicht zufriedenstellend“, sagte Roger Kluge nach seinem 17. Platz beim Bahnradsport-Weltcup in Glasgow im Omnium. Eigentlich war der Cottbuser nach Schottland angereist, um nach den zuvor durchwachsenen Ergebnissen von Maximilian Beyer bei der EM (14.) und dem erstem Weltcup (13.) einen entscheidenden Schritt im Kampf um einen Startplatz für die WM in Berlin (26. Februar bis 1. März) zu machen – doch der Plan ging gründlich daneben. „Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn Max auch hier gefahren wäre“, sinnierte Kluge und hakte in gewohnter Manier das Ergebnis schnell ab.

Während das Resultat für Außenstehende in die Kategorie enttäuschend gehörte, war es für Kluge und sein engstes Umfeld keine Überraschung. Nach seiner gut vierwöchigen Saisonpause im September unterzog sich der Straßen-Profi Anfang Oktober einer Herzoperation. Danach war für den 33-Jährigen aus dem belgischen Lotto-Soudal-Team nur sehr dosiertes Training möglich. „Letztendlich war die OP der Grund, dass ich die Europameisterschaft und das Sechstagerennen in London nicht gefahren bin, weil ich noch keine Wettkämpfe bestreiten durfte“, erklärt Kluge.

Bei dem Eingriff am 7. Oktober in Antwerpen wurde bei Kluge eine PFO-Operation durchgeführt. Etwa jeder vierte Mensch hat ein offenes Foramen ovale (PFO), ein kleines Loch zwischen den beiden Vorhöfen des Herzens. Bei Kluge war dieser „Defekt“ bereits seit einigen Jahren bekannt, durch seinen Wechsel Anfang 2019 von Mitchelton-Scott zum belgischen Lotto-Soudal-Team und einem Vorfall aus dem Frühjahr 2018 wurde aber in diesem Jahr die Operation forciert.

Mitte März 2018, etwa zwei Wochen nach dem ersten Gewinn der Weltmeisterschaft im Zweier-Mannschaftsfahren zusammen mit dem Berliner Theo Reinhardt, hat Kluge eine transitorische ischämische Attacke (TIA) erlitten – umgangssprachlich einen leichten Schlaganfall mit neurologischen Ausfallserscheinungen. „Ich wollte die Nase meiner Tochter sauber machen, in dem Moment ist mein Arm langsam runtergefallen und ich konnte dem nicht entgegen steuern. Es war gruselig, zumal ich in körperlich bester Verfassung war. Nach etwa 30 Sekunden war alles vorbei und wie sonst“, erinnert sich Kluge an den Morgen zuhause in Berlin-Steglitz.

Am Tag nach der TIA reiste der gebürtige Eisenhüttenstädter wie geplant zu einem Radrennen nach Belgien, wurde dort nach einem Gespräch mit dem Teamarzt vorsichthalber aus dem Verkehr gezogen. „Ich bin drei Tage ins Krankenhaus gekommen, für ein Dauer-EKG, Blutuntersuchungen und so weiter. Ich war bereit, Radrennen zu fahren und lag im Krankenhaus umgeben von Menschen, die wirklich krank waren“, erinnert sich der Giro-Etappensieger von 2016. Im Hospital wurde das Gerinnsel im Kopf zwar nachgewiesen, ansonsten war Kluge aber kerngesund und stieg knapp zwei Wochen später beim Klassiker Paris – Roubaix wieder ins Renngeschehen ein.

„Ich glaube, meine Freundin Judith hat die Sache mehr mitgenommen als mich. Ich habe damals nicht weiter darüber nachgedacht. Das bremst einen nur. Ich habe es ,runtergespült’ und weitergemacht wie vorher. Es kam seitdem auch nichts mehr“, berichtet Kluge. Anfang Oktober diesen Jahres folgte auf Anraten von Lotto-Soudal-Teamarzt Jens De Decker die Operation des PFO, mit der das Risiko für einen Schlaganfall minimiert werden soll. „Die OP ist gut verlaufen, ich kann das ausblenden und spüre keinen Unterschied“, sagt Kluge, der ab sofort in Training und Rennen wieder Vollgas geben darf und kann.

HINTERGRUND
Noch bis zum Sonntag ist Roger Kluge zusammen mit Partner Theo Reinhardt beim Sechstagrennen in Gent am Start. Im Dezember ist er für die Nationalmannschaft bei den Weltcups in Hongkong (29.11. bis 1.12.) und Brisbane (13. bis 15.12.) im Einsatz. Im Januar ist die Teilnahme am Sechstagerennen in Rotterdam vorgesehen (ab 2.1.), ehe es mit dem Team Lotto-Soudal zum Beginn der Straßen-Saison zur „Tour Down Under“ nach Australien geht. Ab 3. Februar bereitet sich Kluge weitgehend zuhause in Berlin auf die Heim-WM im Velodrom (ab 26. Februar) vor.